WIESBADEN – Wenn das Publikum das Kleine Haus betritt, wird auf der Bühne bereits zu Streicherklängen Billard gespielt. Alle Akteure sind auf ihren Posten. In der von hr-Hörfunkdirektor Heinz Sommer verfassten Hommage „Mozart lebt!“ begibt man sich zum Auftakt des Hörfests auf die Spuren des Komponisten. Regie führte der in Wiesbaden bestens bekannte Spezialist für Komödiantisches, Klaus-Dieter Köhler.

Die Kulisse verströmt das entsprechende Flair: Eine Zofe und ein Diener (Nicole Wunderlich und Wolfgang Meinert) leiten unprätentiös wie effektvoll pantomimisch durch den Abend. Im Hintergrund verfolgt, sitzend oder mit dem Queue umgehend, kein Geringerer als der Meister selbst das Geschehen: Maurice Falz verkörpert Mozart wortlos, mit ausdrucksstärkstem Mienenspiel – ein toller inszenatorischer Kunstgriff Köhlers, welcher die Lesungen schillernd untermalt.

Das Kammerspiel nimmt seinen Lauf. Als Moderator fungiert Jesko von Schwichow. Der Schauspieler Max von Pufendorf tritt als Rezitator in Erscheinung, prägnant und fesselnd. In der ersten Hälfte trägt er Briefe Mozarts vor. Von Schwichow erläutert sie geistreich. Wie viele große Figuren umwehen auch Mozart Klischees und Legenden. Die Revue nähert sich ihnen in amüsanter bis tragikomischer Weise.

Am Anfang steht der Mammon: Mozart befindet sich, obschon fürstlich entlohnt, oftmals in finanzieller Bedrängnis. Jesko von Schwichow hebt hervor, dass der Musiker auf sehr großem Fuß lebt, stets edel gewandet ist. Die Beschreibung eines eleganten roten Fracks zeugt davon. Maurice Falz trägt einen ebensolchen. Pufendorf rezitiert flehentliche Bittbriefe Mozarts an seinen Logenbruder Johann Michael Puchberg.

Stets in Geldnot und viel auf Reisen

Woher kam die Geldnot? Von Schwichow verweist auf Gerüchte um Spielschulden, geht freilich dazu auf Probleme der Epoche ein. Kriegerische Auseinandersetzungen sorgten für Engpässe in Wien, der Komponist sah sich gezwungen, auf ausgedehnte Konzertreisen zu gehen. Sie nahmen ein Drittel seiner Lebenszeit ein. Pufendorf liest Klagen über unbehagliche Kutschen, in welchen an Schlaf nicht zu denken war. Das Verhältnis zu Ehefrau Constanze wird ebenfalls in den Blick genommen. Sehr empathisch rezitiert von Pufendorf Botschaften an sie, die voller Zuneigung sind – spannungsfrei freilich ging es zwischen den beiden nicht zu.

Musikalisch aufs Schönste umrahmt wurde die Revue durch das Heinrich-Heine-Trio: Es deutete das Divertimento Es-Dur KV 563 mit großer Transparenz und Vitalität. Die Zuhörer konnten, von der warmen Tongebung betört, noch tiefer in Mozarts Welt eintauchen.

Der zweite Teil war dem literarischen Nachruhm des Komponisten gewidmet: Max von Pufendorf wandte sich, erst schwärmerisch, dann komödiantisch, Eduard Mörikes wundervollem Text „Mozart auf der Reise nach Prag“ zu. Und auch Wolf Wondratscheks zotigem „Mozarts Friseur“, welchem Maurice Falz indigniert lauschte, und Eva Baronskys zauberhaftem „Herr Mozart wacht auf“.

 

Quelle: www.wiesbadener-tagblatt.de
Foto: wita/Uwe Stotz