Amore und Psycho

Ein quasi antikes Kammerspiel für eine Schauspielerin
Monodrama von Klaus-Dieter Köhler

Premiere am 2. September

Kammerspiele Wiesbaden

Die Architektur Studentin Penelope König, Tochter des reichen Bauunternehmers Herbert König, verirrt sich beim Besuch des städtischen antiken Museums in einen Lagerraum mit antiken Gegenständen und wird aus Versehen eingeschlossen. Während sie nach dem Lichtschalter sucht und versucht, frei zu kommen, spielt sie zahlreiche Szenarien durch und befürchtet schließlich, das Opfer einer Entführung zu sein. Durch eine Überwachungskamera wird sie ständig beobachtet, ihre beiden Schwestern, ihre Schwiegermutter in Spe, und ein geheimnisvoller Mann, der sie seit einiger Zeit auf Schritt und Tritt verfolgt, geraten dabei in den Kreis ihrer Verdächtigen. Auf der Suche nach einem Lichtschalter findet sie einen Sportbogen mit Pfeilen, der sie inspiriert, wie in den Metamorphosen des Apuleius ihren Entführern die Geschichte von Amor und Psyche zu erzählen. Dabei entdeckt sie zahlreiche Parallelen zu ihrem eigenen Leben, was sie dazu bewegt, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Da nähern sich Schritte der Eingeschloßenen.

Das Stück, eine Mischung aus Krimi und Komödie mit antiken Anleihen, ist eine moderne Analogie zum Märchen „Amor und Psyche“ aus den Metamorphosen des römischen Dichters Apuleiu. „Amore und Psycho“ ist eine Auftragsarbeit der Kammerspiele Wiesbaden, initiert und gesponsort von der Chaja-Stiftung Frankfurt.

Penelope König, Lena Katharina Merle
Regie: Klaus-Dieter Köhler

 


Kritik

„Amore & Psycho‘: Ariadnes Faden im Museumslager

Lena Katharina Merle feierte in den Wiesbadener Kammerspielen Premiere mit einer Neufassung der Geschichte von „Amor & Psyche“ von Klaus-Dieter Köhler.
Von Viola Bolduan

WIESBADEN – Nein, bitte nicht Ariadnes roten Faden verlieren durchs Labyrinth antiker Figuren aus der griechischen Mythologie. Die Musik aus Wagners narkotisierendem Lohengrin-Vorspiel bis zum Ava-Max-Pop-Song „She’s sweet but a psycho“ hält ja auch an ihm fest. Und nicht von ungefähr, hat doch ein musiktheaterversierter Klaus-Dieter Köhler das Stück „Amore & Psycho“ für die Wiesbadener Kammerspiele geschrieben und inszeniert.

Musikalische Einspielungen mit Augenzwinkern

Die Auswahl der musikalischen Einspielungen kommentiert augenzwinkernd ein aus griechischem Untergrund zitiertes Geschehen: Die Geschichte von Amor und Psyche, wie von Apuleius im 2. Jahrhundert in seinen „Metamorphosen“ dargestellt und seither eingegangen in die europäische Kulturgeschichte. In Kurzfassung wird sie in der Aufführung auch erzählt – als Höhepunkt, nachdem die junge Penelope König versehentlich (oder auch nicht) in den Lagerraum eines Museums eingesperrt wurde und ihre Situation im Selbstgespräch überdenkt und überspielt.

Die schlichten Regale an den Bühnenseiten enthalten wohl antike Kostbarkeiten – so fest sind sie eingewickelt und verschnürt – bis auf das Wählscheibentelefon (von 1980), ein Öllämpchen und Pfeil und Bogen aus Antikenmuseumszeiten. In Betttücher gehüllt zwei Skulpturen und ein von der Decke hängendes Relief an der Rückwand, ein Tischchen und ein Stuhl für die Darstellerin. Fabienne Köhler hat mit dem Pop-Song im Ohr die Exponate zunächst arrangiert – auf dass das Publikum bis auf den letzten Platz auch mitbekomme, wo wir uns befinden. In einer zeitgemäßen Adaption griechischen Sagenguts über ein Bewusstwerden von Verliebtsein einer reichen, aber unbekümmerten, sowohl Altgriechisch wie auch Handy-Taschenlampe könnenden jungen Frau.

Lena Katharina Merle, ausgebildet an der Wiesbadener Schauspielschule, mit Auftritten auf der Staatstheaterbühne wie auch im „Marleen“, spielt ihren Monolog im leichten hellen Kleidchen mit südlichem Flair bis hinein in die Sommersandalen (Bühne und Kostüm: Melanie Schober). Als Penelope kennt sie sich aus mit ihrer hellenistischen Verwandtschaft: Vater Krösus, Schwester Persephone, Venus von Milo als Schwiegermutter in spe. Das, was Autor Hans-Dieter Köhler aus der Mythologie hervorgeholt hat, geht ihr federleicht selbstironisch von den Lippen und setzt sie bewegungssicher um in theatralisch überspitzte Pose. „Zu viel , Percy Jackson‘ gelesen (die US-Fantasy-Reihe mit griechischer Götterwelt)?“ – das eben auch zum Beweis, wie Antikes, neu formuliert, noch heute seine Spannung behält, wenn die Geschichte von „Amor und Psyche“ sowohl erzählt als auch in Kurzfassung neu gefasst inszeniert wird. Und dies als Auftakt der neuen Reihe „Junge Kammerspiele Wiesbaden“, die jungen Theater-Talenten eine Plattform geben will. So wie im Solo-Stück „Amore & Psycho“ der 23-jährigen Schauspielerin Lena Katharina Merle, die Klaus-Dieter Köhlers mythologisch humoristischen Faden beschwingt in ihre Hand nimmt und behält mit Schwung, Liebreiz und Eleganz bis zur Selbstverwandlung in eine Statue im Betttuch. Zum dritten Mal Männerschritte im Off: „Es tut uns so leid“ der Einschluss. Der Entschluss zu dieser amüsanten Mythos-Adaption und dessen unterhaltsamer Darstellung durch Lena Katharina Merle dem Publikum keineswegs. Der unbekannte, unsichtbare junge Mann als Retter könnte Amors Flügel tragen – Penelopes Psyche wird es bei Kaffee oder Wein erfahren. Jetzt erfährt das Team auf der Bühne zur Premiere Jubel und langanhaltenden Applaus.

 


Galerie

Fotos: Christof Mattes