Junge Bühne Schlangenbad brilliert mit Musical „Sabine, sei sittsam!“ nach August von Kotzebue

„Sabine, sei sittsam!“ Diesen Ausruf bekommt das Publikum im Georgenborner „Guckkasten“ mehr als einmal zu hören. Sabine ist ein lebenslustiges Mädchen, das im spießigen „Krähwinkel“ nicht so recht zur Entfaltung kommen kann. Und wenn dann auch noch die gestrenge Großmutter mit eben jenem Befehl immer wieder dazwischenkommt, wenn sich Sabine auch nur im Geringsten vergnügen möchte, dann ist für Wirbel gesorgt.

„Sabine, sei sittsam!“ – das Musical gleichen Namens wurde nun zum 35-jährigen Jubiläum der Jungen Bühne Schlangenbad mit großem Erfolg aufgeführt. Verfasst hat es nach der Vorlage von August von Kotzebues „Die deutschen Kleinstädter“ Wiesbadens ehemaliger Generalmusikdirektor Siegfried Köhler zusammen mit Librettist Kurt Neufert. Auf die Bühne brachte es Klaus-Dieter Köhler, Sohn des Komponisten, und die dritte Köhler-Generation, der kleine Jasper (samt Teddybär), wirkte im Kinderchor mit. Der singt zwecks Huldigung eines Gastes, der sich mehr oder weniger unfreiwillig nach Krähwinkel verirrt hat: Karl Olmers ist es, der heimliche Liebhaber Sabines, der gerade noch rechtzeitig erscheint, um die arrangierte Verlobung mit dem Bau-, Berg- und Weginspektors-Substitut Sperling zu verhindern.

Durch ein Missverständnis wird Olmers zunächst für einen Minister gehalten und aufs Heftigste hofiert, so, wie es die Krähwinkler eben mit Titelträgern machen. Als Sabines Familie aber merkt, woher der Wind weht, versucht man natürlich, das Mädchen auf den Pfad der Tugend zurückzubringen. Doch: Ende gut, alles gut, denn Olmers zaubert doch noch einen Titel aus dem Hut, „ehrlich in Bayreuth erworben“, und so kann nicht mal die gestrenge Großmutter etwas dagegen einwenden. Aber geküsst wird erst nach der Hochzeit.

„Sabine, sei sittsam“, lauten auch noch die letzten Worte des Stücks. Das alles hat August von Kotzebue bereits vor über 200 Jahren verfasst, und wie brandaktuell diese „Titelsucht“ immer noch ist, beweisen nicht zuletzt die Promotions-Plagiat-Affären. Ein entsprechender Seitenhieb ist denn auch ins Stück eingebaut, wie überhaupt zahlreiche Anspielungen auf lokales und aktuelles Geschehen.

Siegfried Köhler hat dazu flotte Musik zum Mitschnipsen geschrieben, die den Georgenborner Schauspielern viel Gesang – solistisch und als Chor – abverlangt, dazu auch tänzerische Einsätze. Das alles wird vom Ensemble gut gemeistert. Monatelanges Coaching durch den in Georgenborn lebenden Komponisten hat sich ausgezahlt. Originell auch das Bühnenbild von Profi Ruth Groß: Meisterlich skizzierte Kleinstadtansichten und ein spießiges Sechziger-Jahre-Wohnzimmer mit Hausbar und Käse-Igel. Das passte alles ganz wunderbar zusammen.

Das Guckkasten-Ensemble konnte so richtig in komödiantischen Untiefen schwelgen und genoss das sichtlich. Corinna Mahrenholz war eine sehr kapriziöse Sabine, ihren Verehrern Markus Klaholz und OIiver Netz nahm man die unterschiedlich geäußerte Verliebtheit problemlos ab. Herrlich verkniffen Hiltrud Hauschke als Großmutter, ebenso herrlich der tumbe Polizist Klaus, gespielt von Schauspielprofi Angela Hasak. Die beiden Klatschtanten Janet Netz und Stefanie Schmidt, die kleinbürgerlichen Dorfbewohner Peter Netz, Pierre Adrien sowie in weiteren Rollen Lea Hellbach und Jutta Ritter, die ebenbei noch eine kleine Hommage an die Gründerin der Jungen Bühne, Elsie Sieber, loswerden durfte, überzeichneten ihre Rollen ganz wunschgemäß und hatten eine Menge Spaß dabei.

Quelle: Wiesbadener Kurier vom 02.04.2012, von Anja Baumgart-Pietsch