Hotzenplotz mischt Burggarten auf
Wunderbare Inszenierung des Kinderbuch-Klassikers begeistert große und kleine Besucher – Lieder machen Theater zum Musical
Der gefährlichste Ganove im Rhein-Lahn-Kreis ist nicht der Schinderhannes, sondern der Räuber Hotzenplotz. Der trotzdem wahrscheinlich beliebteste Tunichtgut Deutschlands treibt derzeit sein Unwesen im Burggarten der Burg Lahneck.
Lahnstein. Ganovenjagd war angesagt bei der jüngsten Premiere der Burgspiele Lahnstein im Garten der Burg Lahneck: Zum ersten Mal gibt es zwischen den alten Mauern ein Theaterstück für Kinder zu sehen. Und was könnte wohl besser vor die herrliche historische Kulisse passen als Ottfried Preußlers Paradestück , Der Räuber Hotzenplotz“.
Und wie der poltern und grollen und schimpfen kann! Da bleibt so manchem kleinen Wurm im Publikum erst mal vor Schreck der Mund offen stehen. „Du brauchst keine Angst zu haben“, flüstert ein kleines Mädchen seiner Freundin zu. „Das ist in echt der Karl Krämer.“ Während selbiger von Anfang an die Sympathien der Mamas und Papas in den Zuschauerreihen genießt, zittern die Kinder mit den sympathischen Chaoten Kasperl und Seppel mit. Mit viel Slapstick, heiteren Wortverdrehern und jeder Menge Charme bringen die beiden Witzfiguren alias Stephan Witzlinger und Frank Eller kleine und große Besucher zum Kichern und zum Gröhlen.
Ihre Widersacher Hotzen
plotz und den großen bösen
Zauberer Zwackelmann (Christian Vitu) hingegen bringen sie zur Weißglut. Dabei gelingt es Vitu die ohnehin schon komische Figur zu parodieren – etwa wenn (der immer etwas neben sich stehende) Zwackelmann mit der wohl angemessenen Ernsthaftigkeit des Bösen auf seinem flotten Besen nach Braubach reitet – einfach zum Schießen!
Ebenso wie die verzweifelte Großmutter (Christiane Arndt), die um ihre gestohlene Kaffeemühle jammert, vor dem gräulichen Hotzenplotz in Ohnmacht fällt und im Dialog nüt dem formvollendeten Polizisten Dimpelmoser (Cristof Heiner) punktet. Niemand aber vermag die Kinderaugen (vor allem die der Mädchen) so zum Leuchten zu bringen wie die schöne Fee Amarilhs (Doreen Ulbricht), die durch den tapferen Einsatz des Kasperl aus der hässlichen Unke zurückverwandelt wird und elfengleich unter viel „Ohhh“ durch die Zuschauerreihen tanzt. Intendant Friedhelm Hahn hat nicht nur mit der Auswahl des Stückes, sondern auch mit der Besetzung der Rollen ein gutes Händchen bewiesen. Und Regisseur Klaus Dieter Köhler, der schon mit zahlreichen Inszenierungen in Lahnstein glänzte, hat aus dem bekannten Stoff wieder einmal etwas ganz Besonderes gemacht – eine kleine Portion Lokalkolorit (nie zu viel), jede Menge liebenswerte Details und die seinen Arbeiten o!t eigene Leichtigkeit machen den Hotzenplotz zu einem kurzweiligen Vergnügen für Groß und Klein.
Das i-Tüpfelchen aber ist die wunderbare Musik, die eigens für das Stück komponiert wurde – und zwar von dem Wiesbadener Generalmusikdirektor a. D. Siegfried Köhler. So gesehen handeile es sich nicht nur um eine Premiere, sondern gar um eine Uraufführung.
Den kleinen Theaterfans aber war dieses Details egal. Sie feierten ihre Helden und bedankten sich mit freudestrahlenden Gesichtern und viel Applaus.
Zum Foto: Schock Schwerenot: Der gemeine Räuber Hotzenplotz hat der Großmutter (Christiane Arndt) die Kaffeemühle gemopst, die nicht nur hervorragendes Kaffeemehl herstellt, sondern auch noch Omas Lieblingslied spielt. Keine Frage, dass sich die tapferen Buben Kasperl (links, Stephan Witzlinger) und Seppel (Frank Eller) sofort auf die Spur des Lumps machen.
Foto: Michaela Cetto
Quelle: Rhein-Lahn Zeitung