Willi Winzig hat es nicht leicht: Da sitzt er nun schon seit so vielen Jahren im Finanzministerium und trotzdem wird er nie so richtig zur Kenntnis genommen. Dabei hat er schon so viele Finanzminister kommen und gehen sehen. Und der neue Minister, Herr Kuhländer, sollte eigentlich Landwirtschaftsminister werden, da kennt er sich nämlich aus – von Finanzen versteht Kuhländer bedauerlicherweise so gar nichts.
Also kann Willi seine kleinen „Schiebungen“ weiter heimlich durchziehen – denn er hilft gerne denen, die nichts haben, indem er die staatlichen Forderungen einfach nicht absendet. Als dieser Trick letztlich doch auffliegt, sieht’s nicht gut aus für Willi Winzig: seine Pensionsbezüge sollen zur Strafe spürbar gekürzt werden.
Da hilft nur eins: Willi muss so tun, als sei er verrückt. Und je besser er in diese neue Rolle hineinwächst, desto ernster wird er auf einmal genommen. Und es geschehen jede Menge Dinge, die Willi absolut nicht eingeplant hat. Eine Paraderolle für Karl Krämer, der bereits in seinen zwei Heinz-Erhardt Soloprogrammen in den vergangenen Spielzeiten begeisterte.
Wilhelm Lichtenberg / Heinz Erhardt
Ausstattung: Ulrike Krapp
Musik: Frank Kolar
PREMIERE AM 7. NOVEMBER 2019
Kritik
Willi Winzig und der Erhardt’sche Wortwitz
Paraderolle für Karl Krämer und ein Klassiker für Erhardt-Fans – Lahnsteiner Ensemble feiert Premiere mit viel Szenenapplaus
Von unserer Redakteurin Karin Kring
LAHNSTEIN. Wenn er den Popelinemantel auszieht und den Hut abnimmt, streicht er sich erst mal sorgfältig über den Kopf, geht sicher, dass die Haare auch glatt liegen und die große leere Stelle überdecken. Dann rückt er mit abgespreiztem Mittelfinger seine Brille auf der Nasenwurzel zurecht, ehe er den roten Pullunder glatt zieht und sich an seinen Schreibtisch setzt. Willi Winzig, der Finanzbeamte, den Heinz Erhardt einst zur Kultfigur machte und den Karl Krämer jetzt noch einmal zum Leben erweckt. Mit dem Stück „Willi Winzig – Das hat man nun davon“ leierte die Städtische Bühne eine rundum gelungene Premiere, in der es viele Male spontanen Szenenapplaus gab. Und das keinesfalls nur für die Hauptfigur.
Denn anders als vor sechs Jahren, als Karl Krämer mit Heinz Erhardts Mimik und Gestik begeisterte, ist es diesmal kein Ein-Mann-Stück (unterstützt nur von einer Damenrolle), sondern ein Theaterstück mit acht Darstellern und somit fast dem kompletten Ensemble, das gemeinsam mit dem Publikum eine tolle Komödie feierte. Am Anfang war übrigens das Theaterstück: „Wem Gott ein Amt gibt“ hieß es, geschrieben von Wilhelm Lichtenfeld. 1969 uraufgeführt und wie gemacht für die spätere Kinokomödie. Ebenso wie der Hauptdarsteller Heinz Erhardt. denn der hatte Willi Winzig bereits Hunderte Male auf Theaterbühnen verkörpert und spielte ihn dann auch im Film „Was ist denn bloß mit Willi los“, der 1970 ein großer Erfolg wurde. Falls jemand die Geschichte nicht kennt: Willi Winzig hat es nicht leicht. Seit Jahrzehnten sitzt er als kleiner Beamter im Finanzministerium, und trotzdem wird er nie so richtig zur Kenntnis genommen. Aber er hat Herz: Kurz vor seiner Pensionierung lässt er die Akten von Steuerschuldnern einfach ein bisschen liegen oder in den Papierkorb rutschen. Als dieser Trick letztlich auffliegt, sieht’s nicht gut aus für Willi Winzig: Seine Pensionsbezüge sollen zur Strafe spürbar gekürzt werden. Da hilft nur eins: Willi muss so tun, als sei er verrückt. Und je besser er in diese neue Rolle hineinwächst, desto ernster wird er auf einmal genommen. Und es geschehen jede Menge Dinge, die Willi absolut nicht eingeplant hat. Als er dann auch noch seinem Finanzminister durch eine eigenmächtige gute Tat den Kopf rettet, zahlt sich alles aus für ihn. Es ist eine Paraderolle für Karl Krämer. und die Zuschauer freuen sich sichtlich, Ihn als Heinz Erhardt wiederzusehen. Das Lahnsteiner Ensemble sorgt aber nicht minder für beste Unterhaltung. Da ist Silva Heil in der Rolle der emsigen, verliebten Sekretärin, Rocco Hauff in der Rolle des geizigen und korrekten Vorgesetzten, der sich gern im Smoking feiern lässt und mit köstlichem Minenspiel begeistert, oder Christian Vitu als lustloser Finanzminister, der doch viel lieber für die Landwirtschaft zuständig wäre und heimlich auf einen Putsch hofft. Ebenfalls dabei sind Carsten Steuwer, Mario Specht, Patrick Pfingstl in gleich zwei Rollen und Janina Steinbrink.
Turbulente Dialoge, heitere Verwicklungen und Situationskomik machen das Stück, fur das als Regisseur Klaus-Dieter Köhler alle Fäden zieht, zu einem gelungenen Theaterabend – immer wieder gespickt auch mit kleinen Zweizeilern, Kalauern und dem unnachahmlichen Heinz-Erhardt’schen Wortwitz, der nicht nur als besonderes Bonbon hinzukommt, sondern von Karl Krämer auch nahezu unnachahmlich gespielt wird.
Foto: Karin Kring
Quelle: Rhein-Lahn Zeitung